III. Die Familien – und Arbeitgemeinschaften. P.222 – P.226 ドイツ語原文 (22)

ドイツ語原文の第22回目です。
========================================
Venedig

 Daß es sich bei diesen „Resten“ aber in der Tat um Spuren einer älteren Auffassung, nicht um gewillkürte Abweichungen vom gemeinen Recht handelt, bestätigt die Rechtsentwicklung in Venedig.

 Uns interessiert hier wesentlich das in den venezianischen Statuten wiederholt erwähnte Institut der „fraterna compagnia“, worunter daselbst die fortgesetzte Erbengemeinschaft verstanden wird. In Betracht kommt folgende Stelle:

 l. III c. 4 de fraterna compagnia.
 Volumus quod fratres mortuo patre remaneant in fraterna compagnia quamdiu divisi non fuerint. Idem in germanis consanguineis filiis fratrum inter se et cum patruis. Et <i>non procedat ultra</i> fraterna compagnia. Sorores autem inter se et cum fratribus non sint in fra[terna] cia, sed faciant inter se sorores rationes eorum tantum que habuerint a patre vel avo vel aliquo alio de superioribus … et etiam cum fratribus si fratres inter se remaneant in frat[erna] cia nisi et ipsi divisionem fecerint. Si pater … aliqua specialiter dimiserit filio … illud non erit de frat[erna] cia.

Also: die fraterna compagnia wird gebildet mit dem Vermögen der Brüder; es gibt Vermögen, welches ihr nicht zugehört, das ist das specialiter Hinterlassene und das Erbteil der Schwestern. Das letztere befindet sich zwar in der Gemeinschaft, aber es steht mit ihr nur im Abrechnungsverhältnis (rationes faciant), ist ein bloßes Konto. Die Zugehörigkeit der fratres zu der Gemeinschaft bedeutet also <i>mehr</i>. Was? Das sieht man noch nicht. Der Anklang aber an die früher zitierte Lombarda-Stelle ist unverkennbar.

 Auf dies Verhältnis und verwandte bezieht sich nun ein Passus des Rechtshilfevertrages zwischen Venedig und Cattaro von 1335 43):

43) In den Monum[enta] spect[anita] hist[oriam] Slavor[um] meridional[ium] Vol. I Zagrab[iae] 1868 Nr. 696.

„… Item quod fratres, existentes in fraterna societate, teneantur cuilibet debito facto per aliquem ipsorum, cum hoc condicione, quod ille frater qui noluerit teneri debito fratris sui, ante debitum contractum debeat fecisse cridari per riparium dicte terre in platea et scribi per notarium in quatreno communis se nolle teneri ad debitum fratris, et taliter … minime teneatur. — Item quod socii, habentes, societatem, ad invicem teneantur ad debitum factum per aliquem ipsorum, quod si fecerit cridari et scribi se nolle teneri, ut de fratribus proxime scriptum est superius etc.“ Auch weiterhin wird erwähnt: „frater sive socius habens societatem fraternam cum illo.“

Wir sehen hier zunächst bezüglich der cia fraterna, daß ihre Folge ex lege die solidarische Haftung war 44), nur ein Protest unter bestimmten Formen schützt dagegen. Und charakteristisch ist, daß dieser Konsequenz hier, im Verkehr mit Cattaro, und nicht in den Statuten, Erwähnung geschieht. Also: für den Verkehr in Venedig verstand sich die Haftung von selbst und bedurfte nicht der Festsetzung, nur im internationalen Verkehr war die besondere Konstatierung opportun. Ganz ebenso bei der societas, die hier prägnant neben die Erbengemeinschaft gestellt wird: auch sie und die aus ihr folgende Solidarhaftung wird in den Statuten nicht erwähnt, nur der fremden Kommune gegenüber wird auf sie Bezug genommen.

44) Die Ansicht Manins (Giurisprudenza Veneta), daß der Bruder nur bei Konsens hafte, ist für die ältere Zeit unrichtig.

45) Pratica del foro Veneto p.35.

 Der Zweck obiger Statutenstelle ist daher jedenfalls nicht die Einführung, sondern wahrscheinlich die Einschränkung der fraterna compagnia auf eine begrenzte Zahl von Generationen. Die Tendenz der Gesetzgebung geht überhaupt in dieser Richtung. Denn wenn auch noch im 17. Jahrhundert <i>Zorzi<i> 45) die Teilungsklage der „fraterna“ als praktisch behandelt, so ist doch die wesentlichste Seite des Instituts, die Wirkung nach außen, schon aufgehoben durch folgendes Gesetz:
1619. 7. Luglio. Nel Magg[iore] Cons[iglio] Essendo per Legge nello Statuto nostro deciso che la fraterna cia sintenda, quando li fratelli non sono tra di essi divisi nelle faccoltà e occorrendo ch’alcuno, ò per mal giorno ò per altro contraza debiti, li Beni di tutta la facoltà sono sottoposti e così ne rimane il danno e pregiudizio anco à quelli che non ne hanno havuto colpa … andarà parte:

 che nell’ avvenire non possa il fratello di fraterna in alcuna maniera senza l’assenso espresso dell’ altro fratello, obbligarlo … ma ogni obbligazione … s’intenda sempre propria e sola di quel fratello che l’havesse contratta, e i Beni della sua specialità e della sua porzione di fraterna a lui spettanti obbligati à pegno, non quelli d’altri fratelli …

Also gerade die Solidarhaft erschien als eine unerträgliche Konsequenz der Erbengemeinschaft. Was man deshalb dieser letzteren nahm, war der Charakter als Sozietätsfonds, der ihr vorher ex lege eigen war. Denn daß dies ursprünglich der Fall war, geht schon aus der Beschränkung auf die männlichen Mitglieder hervor, auf diejenigen also, welche durch persönliche Tätigkeit in die Geschäfte der Sozietät eingreifen; neben ihnen sind die Schwestern nur evtl. „Partizipantinnen“. Das Statut von 1619 läßt also die Qualität des Sozietätsfonds nur noch den durch Sozietätsvertrag geschaffenen Vermögensgemeinschaften. Damit gewinnen wir ein Motiv der Entwicklung: die gemeinsame Wirtschaft der Familiengenossen, einst ein Hauptträger der Assoziation, tritt zurück und verschwindet endlich ganz, um rein vertragsmäßigen Grundlagen Platz zu machen. Noch in Venedig ist, wie der Vertrag mit Cattaro ergibt, dies nur so zur Erscheinung gekommen, daß der einzelne Miterbe durch Protest resp. Reservation bewirken kann, daß er <i>nicht</i> als compagno behandelt wird. In den anderen italienischen Städten liegt später, wie die Bücher der Alberti und Peruzzi 46) klar ergeben, das Verhältnis umgekehrt so, daß nicht schon die Eigenschaft als Miterbe den socius macht, sondern daß auch die Familiengenossen einen besonderen, zeitlich begrenzten <i>Vertrag</i> schließen (womit die Notiz zum öffentlichen Register regelmäßig verknüpft ist) und nun erst socii mit allen Wirkungen sind. Damit treten dann die Familiensozietäten völlig in den Kreis der übrigen Gesellschaften ein, ihre Besonderheit ist wesentlich, daß eben auf dem Boden des schon vorhandenen gemeinsamen Vermögens und Erwerbslebens sich eine Sozietät besonders leicht begründen ließ 47).

46) Passerini, Gli Alberti di Firenze; Peruzzi, Storia del commercio e dei banchieri di Firenze. Vgl. unten bei Florenz.

47) Der sonstige Inhalt der venezianischen Statuten ist belanglos, bemerkenswert nur etwa, daß l. I c. 37 die Haftung des Vaters für eine durch carta kontrahierte Schuld des Haussohns besonders ausgeschlossen wird. Die großen durch carta kontrahierten Kreditgeschäfte mochten wohl, wie oben hervorgehoben, Anlaß zu der Beschränkung der Haftung zuerst gegeben haben.

 Das venezianische Recht hat neben der Rechtsentwicklung im übrigen Italien seinen eigenen Weg verfolgt, wenig berührt von der Ausbreitung des römischen Rechts, aber eben deshalb auch ohne erheblichen Einfluß auf die gemeinrechtliche Weiterbildung. Die letztere, eben weil unter verschiedenen sich kreuzenden Einwirkungen stehend, bietet keineswegs durchweg ein so einfaches Bild dar, wie wir in Venedig gewannen.